Castrop-Rauxel - Marina Heberle hat einen wirklich ungewöhnlichen Beruf. Sie ist eine von zwei Babylotsinnen in Castrop-Rauxel. "Eine Babylotsin ist eine Unterstützerin", erklärt Marina Heberle ihre sehr spezielle Tätigkeit. "Ich bin in Castrop-Rauxel so etwas wie die Schnittstelle zwischen der Geburtsklinik und den vielen Unterstützungsangeboten, die in der Stadt für werdende Eltern bereitgehalten werden."
Allen werdenden Eltern, die ihr Kind in Castrop-Rauxel im St. Rochus-Hospital entbinden lassen wollen, steht die Unterstützung der Babylotsinnen bereits in der Schwangerschaft zu. In der Regel sind es einfache Fragen, die sie beantworten müssen. "Wo es Babymassage gibt, ist eine gerne gestellte Frage", schmunzelt Marina Heberle. In anderen Fällen geht es darum, dass sie beim Ausfüllen von Elterngeldanträgen hilft oder bei der Suche nach einer Hebamme behilflich ist. Das ist Tageswerk.
Doch dann gibt es auch komplexe Fälle, wie der einer jungen Frau in Ausbildung, die schwanger geworden und vom Kindsvater sitzengelassen worden ist. Dazu kam eine psychische Erkrankung zu Schulzeiten. "In diesem Fall habe ich die die junge Frau zur Schwangerschaftsberatung begleitet, einen Kontakt zum Jobcenter hergestellt und eine Hebamme für die Nachsorge angefragt; ich wurde mit der jungen Mutter beim Jugendamt vorstellig bezüglich der Vaterschaftsanerkennung und eines Unterhaltsvorschusses." Auch in Bezug auf die Krankheitsvorgeschichte hat sie ihr Hilfen organisiert, und für die Zeit nach der Geburt hat sie sie in ein Netzwerk eingebracht, in dem ihr auch nach der Geburt Hilfen zuteil werden - inklusive Kontakt zu einer Tagesmutter, damit sie die Lehre nicht abbrechen muss und diese beenden kann.
All diese Hilfeleistungen sind vorhanden - aber wer kennt sie alle? Wer hat die notwendigen Kontakte, wer beschäftigt sich nur mit den Netzwerken? Genau, das ist die Aufgabe der Babylotsin. Das St. Rochus-Hospital nahm bezüglich der Einrichtung eines solchen Beratungsangebotes mit dem Caritasverband Castrop-Rauxel Kontakt auf, unter dem Dach des Wohlfahrtsverbandes sind die beiden Babylotsinnen nun auch angestellt. Rund 1000 Kinder erblicken jedes Jahr das Licht der Welt im St. Rochus-Hospital, dazu gehören auch Kinder von Eltern aus Bodelschwingh oder Waltrop. Auch für diese steht das Angebot der Babylotsen offen, man ist über die Stadtgrenzen hinaus weithin vernetzt.
Die Idee, die in Castrop-Rauxel vor zwei Jahren umgesetzt worden ist, stammt aus Hamburg. SeeYou heißt die Stiftung, die das Babylotsen-Projekt 2007 auf den Weg brachte und in einem Hamburger Krankenhaus anbot. Da das Projekt eine wissenschaftliche Begleitung durch die Uni Hamburg erfuhr, ist das Hamburger Projekt umfassend evaluiert worden. Auf die Erfahrungen aus Hamburg können nun Projekte in der ganzen Republik zurückgreifen. In NRW gehört der Standort Castrop-Rauxel zu den ersten. Ermöglicht wird die Finanzierung des Babylotsenprojeks durch die Armutsfonds des Erzbistums Paderborn. "Wir hoffen langfristig auf Förderung vom Land", endet Marina Heberle. luk