"Die Kultur der Geburtshilfe in Deutschland muss neu gedacht werden!" - Das ist eine zentrale Aussage in dem Strategiepapier des "Runden Tisches Elternwerden", das im Februar letzten Jahres erstmals veröffentlicht und im August aktualisiert wurde. Dieser Aussage können wir uneingeschränkt zustimmen. In unseren Augen braucht es aber auch einen Paradigmenwechsel im System der Geburtshilfe. Und zwar, was die Bedeutung der Väter angeht: Werdende Väter sind neben den Hebammen und dem ärztlichen Personal wichtige Akteure im gruppendynamischen Geschehen einer Geburt. Ihre Handlungen beeinflussen den Geburtsprozess, die Geburt selbst wirkt nachhaltig auf sie. Die Vorbereitung auf die Geburt und das Vatersein, die Zuschreibung und das Erleben der eigenen Bedeutung und Selbstwirksamkeit sind prägende Weichenstellungen für zukünftiges, väterliches Engagement und die Stabilität der Paarbeziehung.
Väter ansprechen und erreichen
Väter sind schwer zu erreichen und Angebote, die in Kitas und Familienzentren gemacht werden, kommen häufig nicht zustande, weil sich zu wenige Väter anmelden. Auf der anderen Seite wollen Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und suchen nach passenden Angeboten und Möglichkeiten sich mit anderen Vätern auszutauschen.
Die Geschäftsstelle der LAG-Väterarbeit möchte dazu beitragen, dieses Dilemma aufzulösen und bietet dazu Vorträge und Fortbildungen an, die Beschäftigten verschiedener Einrichtungen oder auch einzelnen Teams die Möglichkeit gibt, sich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen und ihre Arbeit mit und die Angebote für Väter weiterzuentwickeln. Mögliche Themen sind unter anderem: Grundlagen der Arbeit mit Vätern‚ Väter ansprechen und erreichen, Wie ticken Väter eigentlich?, Die Bedeutung von Vätern für die Entwicklung von Kindern, Väter in den frühen Hilfen.
Welchen Kulturwandel brauchen Väter in der Geburtshilfe - aktuelle Eckpunkte und Perspektiven
Im System der Geburtshilfe rumort es. Immer mehr Geburtskliniken schließen, aus Mangel an Hebammen oder Renditegründen. Während der Pandemie wurden Väter ganz oder teilweise bei Vorsorgeuntersuchungen und der Geburt ausgeschlossen und auch, wenn sie dabei sein dürfen, fühlen sich Väter vielfach nicht einbezogen.
Es gibt zwar seit 2016 ein auf 136 Seiten ausformuliertes "Nationales Gesundheitsziel Gesunde Geburt", aber die von vielen Seiten erhobene Forderung nach einem "Geburtsgipfel" und der im Frühjahr gestarteten Initiative "Bündnis Gute Geburt" verdeutlichen den tatsächlichen Handlungsbedarf.
In dem Werkstattgespräch am 26. Oktober wird Hans-Georg Nelles, der unter anderem bei der Broschüre der BZgA "Väter auf die Geburt vorbereiten - Informationen und praktische Tipps für Fachkräfte" mitgewirkt hat, Eckpunkte einer Reform in der Geburtshilfe aus der Perspektive der Väter präsentieren und diese in die aktuelle Diskussion einordnen.